Vom Nutzen der Angst

Wenn sich Angst unangemessen viel Raum schafft, wird sie zu einem übereifrigen Schutzengel, der unser Handeln einschränkt und den Alltag erschwert. Um das zu ändern, verwenden wir in unserer Bonner Privatpraxis moderne Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie.

Oops, das ist nochmal gutgegangen. Sie wollten eilig eine vierspurige Straße überqueren. Sie marschierten los. Plötzlich rauschten dutzende Autos heran, ein Hupkonzert. Ihre Muskeln spannen sich an, Angstschweiß steht auf Ihrer Stirn, in den Ohren rauscht das Blut, Ihr Magen dreht sich um. Sie bekommen Angst – und nehmen die Beine in die Hand.

Angst ist häufig unser Schutzengel. Angst hilft uns, gefährliche Situationen zu vermeiden – oder aus ihnen wieder herauszukommen. Wir spüren, wie unser Körper alle Kräfte mobilisiert. Dieser körperliche Vorgang löst Angst in uns aus, ein höchst überwältigendes und unangenehmes Gefühl. Wie eine Alarmsirene übertönt sie alles andere in uns. Einige Klienten, die mit Angststörungen in unsere Bonner Praxis für Psychotherapie kommen, haben uns gefragt, ob wir ihre Angst komplett „abschalten“ können. Keine gute Idee. Wir brauchen unseren Schutzengel.

Doch der Schutzengel Angst kann auch übereifrig sein. Bei einigen Menschen schlägt der Körper auch in unbedrohlichen Alltagssituationen Alarm. Etwa, wenn sie weite Plätze überqueren, vor einer Prüfung stehen, oder einen Vortrag vor Publikum halten sollen. Obwohl keine Autos auf sie zurasen, spüren diese Menschen „Angstypisches“: Herzrasen, hektisches Atmen, Schweiß auf der Stirn und Übelkeit in der Magengrube.

Haben wird Angst, konzentriert sich alles auf eine Frage: fliehen oder kämpfen, das uralte Angst-Programm aus der Steinzeit. In der modernen Welt können wir häufig weder fliehen noch kämpfen. Deshalb blockiert uns die Angst. Sie fängt an, den Alltag einzuschränken und die Lebensqualität zu reduzieren. Wir müssen lernen, mit der Angst anders umzugehen. Quasi mit unserem Schutzengel reden.

Wie das?

Die Angst ist ja kein blinder Mechanismus. Wir können Einfluss auf das nehmen, was in uns Angst erzeugt. Kinder beispielsweise lernen, dass man vor Gespenstern keine Angst haben muss. Ebenso können Erwachsene lernen, dass bestimmte Situationen keine Gefahr bedeuten, auch wenn die Hände zittern und das Herz rast. Wir „re-attributieren“ die Situation und die währenddessen auftretenden Körpersignale, wie dies in der kognitiven Verhaltenstherapie heißt. Ein reiner, nicht immer leichter, aber oft umso lohnenswerterer Lernvorgang. Danach wird es sehr oft so sein, dass wir die zittrigen Hände vor einem Vortrag für das halten, was sie wirklich sind: Ein Zeichen für gesundes Lampenfieber das unsere Kräfte weckt und uns erfolgreich macht.